Oder sollte zumindest für Recruiting-Maßnahmen verboten werden. Eine meiner ersten Dinge, die ich 2002 gelernt habe als ich als HR Manager bei Scholz & Friends in Berlin angefangen habe ist, dass man nicht versuchen sollte cooler zu sein, als cool. Es war in der ersten Bewerbersichtungsrunde mit Kollegen aus der Kundenberatung. Eine junge Bewerberin hatte versucht eine „besonders kreative Bewerbung“ abzugeben und hatte sich damit damals in Sekundenschnelle ins Aus katapultiert. Kundenberater müssen nicht verrückt oder witzig sein. Das Gleiche gilt für Recruiting-Videos…
Rap ist in den 60iger, 70iger Jahren in den afroamerikanischen Ghettos entstanden. Dementsprechend wurde schon bald über soziale Missstände, Rebellion und Widerstand gerappt. Als besonders cool erachtete die Jugend in den 80iger und 90igern die sog. Gangsta-Rapper, wie z. B. Ice-T. Mit derben Texten – die man hier schlichtweg nicht zitieren kann – richten sich die Rapper gegen buchstäblich alles und jeden. Hauptsache „derbe, fett, Alter!“.
Und jetzt? Jetzt kommen junge Bubis, Entschuldigung, Azubis, die bei DSDS nicht mal in die zweite Runde gekommen wären und rappen für Jobs oder Praktika bei EDEKA, Sparda, BMW oder wo auch immer. Ich frage Sie, wie passt das zusammen? OK, na klar, es geht um die junge Zielgruppe, die „steht auf so was!“. Aber bitte, so geht das doch nicht. Sie bringen ihre Azubis in eine peinliche Lage. Warum? Schauen Sie sich doch bitte mal an, wie das Handwerk das macht. Witziger Moderator, informative Filme und eine Website, die Spaß macht. ODER schauen Sie sich an, wie Krachten Berufe und Unternehmen porträtiert – das ist „cool“, sympathisch, lustig und informativ.
Investieren Sie weder Geld, Zeit noch Nerven in Employer Branding Songs mit garantiertem Fremdschäm-Potenzial. Der Employer Branding Rap ist tot.
Für HR Kollegen mit starken Nerven, nachfolgend eine Auswahl:
Ich als potentieller Kandidat der Generation Y (oh Gott, ich weiß erst seit heute, dass es diesen Begriff gibt und dass ich tatsächlich dazu gehöre) finde solche Auftritte einfach nur peinlich. Akutes Fremdschämen! Wie kann man bei sowas mitmachen ohne den Verantwortlichen darauf hinzuweisen, dass sowas bitte nicht ankommt und auch kein höheres Interesse weckt? Es gibt so viel kreativere und genialere Möglichkeiten!
Ich hab grad kurz überlegt, ob der EB-Rap jemals gelebt hat. Nur weil sich zwei Zeilen reimen und jemand zu einem Stück Musik spricht und pseudocool gestikuliert, ist es ja nicht gleich Rap. Wie auch immer, natürlich hast du völlig Recht. Das klassische Problem bei all diesen Aktionen war aber auch abzusehen: Es gibt da einen ganz wichtigen Leitsatz im Rap und der heißt: „Keep it real!“, wenn man sich da nicht dran hält, dann muss man sich auch nicht wundern wenns in die Hose geht. Ich vermute es war es wie so oft: die jeweiligen Entscheider kannten sich mit der Materie (in diesem Falle dem Musikgenre) einfach nicht aus.
Gruß Jack